Neben meinem beruflichen Wechsel, den ich gerade durchlaufe, der Einarbeitung in neue Strukturen und allem individuellen Erleben bleibt die große Glocke Corona noch immer über mir und über uns. Denn: Es ist noch lange nicht vorbei. Wir sind nur in der nächsten Phase.
Neulich hatte ich ein sehr erleuchtendes und auch erheiterndes Telefonat mit meiner besten Freundin. Unser letztes Treffen war glücklicherweise Ende Februar noch kurz vorm “alle bleiben zuhause”- Modus. Ich hatte zu der Zeit schon angefangen, täglich Screenshots der Deutschlandkarte mit Infektions-Zahlen auf ZEIT online festzuhalten… noch nicht wirklich ahnend, wohin das führt. Spürbar war jedoch bereits, dass ein großer Wandel vor uns liegt.
Jetzt, vier Monate später, finden wir beide, dass es Zeit wird, sich bald wiederzusehen. Wir möchten uns auch in Echt wieder austauschen, wie sich das 2020 mittlerweile anfühlt. Zu spüren, wie sich vorher normale Dinge wie “Essen gehen” oder in einem Hotel übernachten innerhalb weniger Monaten als Wahrnehmung und dank des neu nötigen Bomboriums verschoben haben. Es ist wie ein zeitverzögertes, mystisches Millenium, was einige von uns vielleicht um die Jahrtausendwende erwartet hatten- und nun ist es da und bewegt innen und außen, jeden von uns. So viel ist in Aufruhr, Bereiche sind verlangsamt, andere beschleunigt. Es zeigt sich wieder einmal, wer hierzulande eine Lobby hat — und wer eher nicht. Es ist erstaunlich, wie im anfänglichen Shutdown alles so erstarrt wirkte und welche Aspekte des Lebens nun im Wanken oder vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten sind. So hat jeder einen individuellen Blick mit einer ganz persönlichen Geschichte und einem Filter. Gleichzeitig existiert diese flächendeckende und gesellschaftliche Unruhe und Verunsicherung. Unsere Zusammenfassung in zwei verschiedenen Städten lebend war: einerseits empfinden wir so viel mehr Bewusstsein und Dankbarkeit, für die grundsätzliche Gesamtlage, in der wir sind. Trotzdem gibt es Aspekte, die sind salopp gesprochen: zum Kotzen. Dankbar und zum Kotzen. Zeitgleich. Passt das zusammen? Darf man das so sagen?
In einem ähnlichen Mix beschreiben es nach meinem Erleben Bekannte und Patienten um mich herum. Es ist im Moment mehr denn je ein: Je nachdem, wohin ich meinen Blick wende und den Fokus darauf lege: aufwühlend und in Wallung bringend und in anderen Bereichen stellt sich Ruhe und Dankbarkeit ein. Ein neues Priorisieren.
Wir haben uns darüber ausgetauscht, was es im Moment wohl gerade am meisten braucht, um so stabil und verbunden wie möglich durch diese Zeit zu kommen. Meine beiden Schlagworte dazu, die mir in einem anderen Kontext begegnet sind, waren: Beharrlichkeit und Kreativität.
Beharrlichkeit hat so etwas ausdauerndes, fokussierendes, dran bleibendes, ohne zu fest oder zu “hartnäckig” zu sein. Eher ein mit Klarheit, an dem Ziel Dranbleiben, welches gerade das Erstrebenswerteste ist. Es ist im Patientenalltag eine gute Methode für die Kommunikation mit Ärzten/ Fachpersonal, Beharrlichkeit anzuwenden. Wenn offene Fragen zu Therapieverfahren und deren Verlauf existieren (gerade bei komplexeren Erkrankungen/ Verletzungen), lohnt es sich, beharrlich zu besprechen und nachzufragen, bis mehr Klarheit und Verständnis seitens des Patienten besteht. Beharrlichkeit, so lange zu fragen, bis der Stand der Dinge deutlich ist und sich eine Idee entwickelt, wohin es vermutlich führen wird.
Beharrlichkeit, an einer persönlich wichtigen Sache dran zu bleiben, wach zu bleiben, einen Standpunkt zu entwickeln und ihn zu vertreten. Immer wieder und auch, wenn es gelegentlich unbequem wird. Für sich einstehen. Seine Intention beibehalten. Keinen Kampf kämpfen, sondern eher ein Einhaken und an einer Lösung des Gesamtknotens interessiert sein.
Kreativität ist der andere Aspekt, den diese Corona-Welle von Anfang an in vielfältiger Art und Weise an die Oberfläche gespült hat. http://blog.tina-knape.de/2020/04/23/keine-pause-in-der-pause/ Sehr schnell war zu beobachten, wie Buchläden beim Ausliefern mit dem Fahrrad mobil wurden, kleine Restaurants einen spontanen Delivery-Service einrichteten, Flexible und Kreative den Raum nutzten, alternative Lösungen bei vollkommen ungewohnten Gegebenheiten zu entwickeln.
In dem Prozess der neuen Lösungen befinden wir uns noch immer. Manche Restriktionen werden wieder deutlicher, manch Barriere fühlt sich schwerer zu überwinden an, doch alles in allem lädt die Gesamtsituation noch immer die Kreativität ein — wie man das aktuelle Regelwerk umsetzt und die Situation so nimmt, wie sie ist, neue Wege entfaltet, die so vorher nicht existent oder nicht nötig waren. Kreativität ist ein Weg des Ausdrucks, mit dem Hier und Jetzt klar zu kommen und die Chance auf Wachstum zu entdecken. Auch da zeigen sich mit diesem wunderbaren Video noch einmal ganz andere Aspekte in Zeiten wie diesen: http://blog.tina-knape.de/2019/04/13/inspiration-do-you-dare-to-dream/
Kreativität ist eine individuelle Art und Weise, sich einzubringen. Kreativität ist eine Brücke, für die Kommunikation über heikle Themen.
Wir sind noch mittendrin, in der Corona-Zeit. Durchaus die nächste Phase, aber sicher noch lange nicht die letzte. Nur in der Zeitschrift BUNTE gibt es schon Nach-Corona-Promi-Bilder. In Hessen ist die Kita-Betreuung und der Schulalltag noch immer nicht im Normalbetrieb. Viele Bürogebäude sind noch unbesetzt und die Mitarbeiter im Homeoffice. Einkaufen mit Maske und limitierter Zahl der Personen führt noch immer zu langen Schlangen und fehlender Shoppinglust. Jeder hat noch seine ganz eigene Restriktionen. Und ich frage mich wirklich: http://blog.tina-knape.de/2020/05/14/lautes-denken-wie-wird-unser-kontakt-von-morgen/
In Astro-Kreisen war schon im Januar zu hören, dass mindestens bis 21.12. dieses Jahres alles anders sein wird und ist. Interessanterweise auch, dass 2020 kein empfehlenswertes Hochzeitsjahr sei. Nun. Das können vermutlich feierfreudige Brautpaare bei den aktuellen Party-Auflagen bestätigen. Ich glaube, es ist eine gute Strategie, sich lieber noch eine ganze Weile auf ein verändertes Hier und Jetzt einzustellen. Beim Berg erklimmen hilft es mir auch eher, mir die Strecke noch viel weiter als “gleich um die nächste Ecke” vorzustellen, um mein Durchhaltevermögen zu bewahren. Und dafür auch Beharrlichkeit im Gepäck ist in meinen Augen eine wunderbare Kombi.
Mögen wir immer wieder kreative Umgangsformen finden und an den wesentlichen Stellen Beharrlichkeit entwickeln. So wie es im Körper auch Flexibilität und Stabilität braucht. Wir schlingern zwischen Chaos und Starre. Auf dass wir immer wieder in einen guten Flow geraten.