Wie zum Jahresausklang deutlich spürbar wird, ist es nicht allein damit getan, sich das Jahr 2020 endlich als zu Ende zu wünschen und alles ist gut. Nein, auch 2021 wird es noch in sich haben, mit Impfungen oder ohne — und das Folgejahr auch und das darauffolgende ebenso…”life goes on”.
Die Frage lautet eher: Wie offen und anpassungsfähig sind wir? Wie flexibel stellen wir uns auf neue Situationen ein? Wie gewichten wir neu und priorisieren nach anderer Art und Weise? Was braucht es an neuen Skills? Was sollte möglichst nicht unbeachtet bleiben oder werden?
Ein Punkt, der in meinen Augen bei der bestehenden, großen Sorge und Angst rund um Corona und Co leider unter den Tisch gefallen ist, ist die Ausrichtung auf ein bewusstes Stärken des Immunsystems. Denn: Um mit Kraft und Stabilität durch all unsere unterschiedlich intensiven Schwankungen zu kommen, lohnt es sich, in einen gut versorgten Körper und Geist zu investieren. “Der Körper ist der Tempel, in dem wir wohnen.”
Hilfreiche Gedankenanstöße dafür könnten sein:
- Ernährung bewusst lenken. Alles, was wir zu uns nehmen, egal, was wir essen oder trinken, naschen oder “mal eben zwischendurch” reinmampfen, ist das Grundmaterial, aus dem wir unsere Energie gewinnen — Energie für alles, was wir an Alltag, Bewegung, Geisteshaltung, Konzentration zu wuppen haben. Das WAS und das WIE ist so wichtig, wie die Luft, die wir atmen und die Ruhe und der Schlaf, den wir bekommen (oder den wir uns nehmen sollten). Das Wissen, was “gesund” oder “stärkend” ist, besteht grundsätzlich in unseren Breitengraden. Die Frage ist: Nutzen wir dieses Wissen und wenden es für uns selbst an? Mit mehr Bewusstsein diesbezüglich klappt die Umsetzung leichter.
- Bewegungen selber machen, nicht nur im TV anderen zugucken. Es weiß irgendwie (fast) jeder, dass Bewegung für den Körper nützlich und nötig ist. Und doch: in Zeiten von Homeoffice, Winter ohne Skilift und verschlossenen oder eingeschränkt- nutzbaren Sporteinrichtungen ist die Umsetzung im Außen tendenziell schwierig. Also braucht es wohl mehr Eigeninitiative und Verständnis für die Wichtigkeit: Bewegung lässt unseren Kreislauf in Schwung kommen, unser Blut und unsere Lymphe ordentlich fließen. Muskeln, Gelenke, aber auch Organe bekommen Zug und Druck, was sie mögen und auch brauchen. Eine angemessene Dosierung ist dabei aber durchaus ein wesentlicher Punkt. “Viel hilft viel” hat sich nämlich noch nie bewährt. 😉 Therapeutisch bevorzuge ich als Sportempfehlung alle Bewegungen mit Funktion und Kontext — und mit dem Potential, gleichermaßen etwas für unseren häufig eher verstopften Ausdruckskanal zu tun http://blog.tina-knape.de/2019/03/30/wege-des-ausdrucks-ausdruck-als-weg-2/. Stimme und Bewegung helfen uns außerdem, Stress und Spannungen umzuwandeln und loszuwerden. Dazu sind alle offenen, impulsiven Sportarten und Tanz- und Gesangs-Ausbrüche wunderbar geeignet. Und Themen zum Dampf-ablassen-müssen haben wir aktuell ja auch mehr als genug.
- Kontakt heilt. Tja, das ist schwierig. “Social distance” ist in meinen Augen leider einer der übelsten aller neuen Ausdrücke, die rund um die Pandemie kursieren. Was wohl eher gemeint ist, ist “physical distance”, soziales Miteinander brauchen wir hingegen mehr denn je. Und auch Kontakt auf körperlicher Ebene ist ein Muss. Ein frisch geborenes Wesen würde ohne Körperkontakt nicht überleben. So geht es uns Menschen auch. In all meinen Berufsjahren sehe ich den unterstützenden Effekt des Anfassens auch im Rahmen der Therapie. Es ist meist nicht die ausgewählte Technik, die die entscheidende Wirkung hat, Schmerzen zu reduzieren oder Beweglichkeit zu verbessern. Es geht dabei auch viel um Präsenz und Körperkontakt und Verbindung und Zeit und Zuhören und Da-sein. Vielleicht geht es bei den aktuellen Pandemie-Bedingungen um ein generelles neues Ausrichten, wie und mit wem wir wie Kontakt haben? Wie nah lassen wir unsere Partner an uns ran (oder leben wir eher nebeneinander her)? Äußern wir unseren Wunsch nach Nähe und Körperlichkeit ausreichend bei unseren ausgewählten Mitmenschen, nach denen sich -Singles wie Partner gleichermaßen- sehnen? Vielleicht umarmen wir uns in Zukunft eher mit einem “Rücken an Rücken reiben” mit Freunden, statts nur unsicher mit Sicherheitsabstand von einem Bein aufs andere zu treten, weil wir nicht recht wissen: Dürfen wir jetzt eigentlich oder nicht? Kontakt ist ein wesentlicher Punkt, der vor allem auch heilt und beruhigt und uns gesund hält — und wahrlich nicht nur gefährlich ist. http://blog.tina-knape.de/2020/05/14/lautes-denken-wie-wird-unser-kontakt-von-morgen/ Ich habe noch keine abschließende Meinung, wie das genau aussehen kann, ich weiß nur: Es braucht weiter Kontakt, mehr denn je. Wie der aussehen soll und kann, können wir alle 2021 gemeinsam weiterentwickeln.
- Geisteshaltung. Was wir denken, wie wir Dinge bewerten, wie selbstbestimmt wir uns fühlen — auch das sind Faktoren, die unserer Immunabwehr helfen. Ein gesunder Geist trägt auch zu “körperlicher Unversehrtheit” bei. Unsere “Abwehr” ist auch durch eine stabile Psyche deutlich gestärkter. Dass Körper und Geist zusammenspielen, ist keine überraschende Tatsache mehr. Vielleicht geht es darum, das mehr auf dem Schirm zu haben, in den Alltag zu integrieren und sich bewusster auch einer “psychischen Hygiene” und nicht dem alleinigen Händewaschen zu unterziehen, um in der Gesamtheit stabiler und widerstandsfähiger zu sein. Vielleicht lädt die aktuelle Lage dazu ein, wieder mehr Tugenden zu beleben. Mein neuer Lieblingskollege empfiehlt: Langmut. Die Fähigkeit, zu warten oder etwas zu ertragen. Das brauchen wir wohl gerade mehr denn je. Gelassenheit und Standhaftigkeit sind seine Gefährten. Vielleicht finden Sie für Ihre Ausrichtung 2021 ja ganz wunderbare neue Schlagworte, die tragen.
- Humor. Wie schwierig ist es doch in Krisenzeiten, den Humor zu bewahren. Das kennen Sie vermutlich auch in schwierigen Beziehungssituationen. Doch bei der nun schon eine ganze Weile anhaltenden schwermütigen gesellschaftlichen Stimmung ist es schwierig, Fröhlichkeit, Leichtigkeit oder gar gutem Humor zu begegnen. Um meinen Alltag ein bisschen aufzupimpen, habe ich bei Facebook Cartoonisten geliked, um inmitten all der betrüblichen News und Stories überraschend über etwas zu stolpern, das mich zum Grinsen (und trotzdem zum Nachdenken) bringt. Mehr Lachen in die Welt zu bringen, könnte zumindest — nicht nur fürs Immunsystem, sondern auch zum persönlichen gute-Laune-streuen — ein wunderbarer Beitrag fürs neue Jahr sein.
Mehr Wachheit und Bewusstsein lohnt sich. Den Körper wohlig bewohnen auch. Freundlich miteinander sein- ebenso. Und zuallererst hilft hierbei: Be soft and gentle with yourself. Wie meine Lehrerin auch mir beibrachte. Damit werde ich in mein neues Jahr starten. Emaho!
Verspäteter Zusatz: Reflexionsunterstützung für Jedermann von einem Bekannten, der jährlich was für sich und seine Leute zusammenstellt. Lohnt sich sehr! Hilft beim Ausrichten 2021.
Liebe Tina,
mein Start ins neue Jahr beim ersten Kaffee begann mit dem Lesen dieses Blogs.
Langmut, welch ein warmes, weiches Wort.
Für mich hat es eine weitere Bedeutung: unser Mut wird langen.
Susanne
Liebe Tina, gut geschrieben, viele wichtige Punkte. Zur Tasse Kaffee eine schöne Lektüre zum Start in den Tag. LG D.