Körperreise

Wenn ich mich während einer Behandlung frage: “Was kann ich hier jetzt noch Hilfreiches hinzufügen?” — bei all dem, was meine Kolleg/innen schon an Therapieformen und Behandlungstechniken zum Wohle und zur Regeneration des Patienten angewendet haben — dann lande ich meist bei diesem Punkt: Wahrnehmung mittels innerer Körperreise unterstreichen.

Erstaunlicherweise ist das gar kein so großer Zauber, wird aber andererseits leider viel zu wenig von uns allen genutzt, egal, ob im Patientenstatus oder einfach so. Eine Körperreise ist ein inneres Hingehen zu dem, was in uns an Wegen und Pipelines wohnt. Es ist eine Form der Wahrnehmung bzw. Intuition, die wir haben oder erlernen können. Und vor allem können wir sie noch viel mehr nutzen!

Um Ihre Vorstellungskraft ein bisschen anzukurbeln, ist dieser Clip vielleicht eine Hilfestellung:

Neulich hatte ich eine Patientin, die sich aus ihrer Kindheit noch an die Filme von “Es war einmal das Leben” erinnerte. So ähnlich funktioniert auch die Herangehensweise an eine Körperreise.

Zum besseren Spüren und Verstehen machen Sie am besten innerlich gleich mit. Gibt es in Ihrem Körper aktuell eine Stelle oder Region, die schmerzt, nicht gut heilt, sich verklemmt oder unwohl anfühlt? (Falls Sie nichts Akutes haben, wählen Sie etwas aus Ihrer Verletzungsgeschichte — oder wandern Sie durch Ihren Brustkorb… das Herz kann Besuch immer gut vertragen.)

Stellen Sie sich vor, Sie können innen durch Ihr Bein, Ihren Arm, Ihren Hals, Ihren Kopf, Ihren Brustkorb, Ihren Bauch, Ihr Becken gehen. Schicken Sie einen inneren Mitarbeiter los! Eine interessante Frage in der Arbeit mit meinen Patienten ist, was der- oder diejenige dann visualisiert?! Da sind mir schon die skurrilsten und kunterbuntesten Gestalten über den Weg gelaufen. Bei dem einen war es ein innerer Bob, der Baumeister. Andere sahen Energiekugeln, die rollen, Gummibärchen, die wandern, Formel-1-Autos, die fahren. Für Kinder verwende ich gerne das Bild von einer Bahnstrecke und meine Hände sind die Bahnhöfe. Wir gucken dann gemeinsam, ob die Züge recht ungestört von Bahnhof zu Bahnhof kommen – und ob beide Fahrtrichtungen frei sind. (Beispielsweise bei einer Verletzung am Knie des Kindes liegen meine “Bahnhofs-Hände” am Fuß und an der Hüfte/Becken des Patienten.)

Wenn Sie das lesen, fehlt natürlich das Setting auf der Behandlungsbank mit meinen Hände. Eine zusätzliche Präsenz ist eine gute Spür-Unterstützung. Versuchen Sie trotzdem einmal in Ihrem Körperinneren den Verlauf Ihres Armes/Beines/Rückens wahrzunehmen und “zu gucken”, ob da alles frei ist oder sich etwas verstockt, verstopft, verengt, wackelig oder dicht anfühlt… Im besten Fall findet sich zu dem inneren Bild auch eine Idee, was die Passage “verklemmter” macht. Funktioniert?

Mit diesem Bild kann man wunderbar weiterarbeiten. Was braucht es, um die Stelle wieder durchgängiger zu machen? Was versperrt den Durchfluss? Haben Sie eine Idee, wie sich Ihre Arm- oder Beinachse wieder ins Lot bringen lässt? Hilft ein Durchspülen mit Wasser innendrin… oder ein innerliches “gerade- drehen”? Sollte da eine fette Barriere sein und bleiben, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn manche Übungen nicht gut gehen oder weiter schmerzhaft sind.

Kleiner Tipp: Nutzen Sie jeden Input, den Sie bekommen, um darüber wieder mehr Heilung und Flow im Innen herstellen zu können. Ob Therapeutenhände, die mobilisierend arbeiten, die freundliche Hand Ihres Partners, das eigene “auf der schmerzhaften Stelle” Reiben (bei Kinder pustet man ja eher noch ;))… das sind Tür und Tor, um innen präsenter zu sein und wieder eine bessere Verbindung zu spüren.

Während ich neulich einer Kollegin diese Idee des Wahrnehmens und Behandelns erklärte (am Beispiel eines Patienten, der sich eine starke Beinverletzung in einem Baumhexler zuzog und ich das Gefühl hatte, dass sein Gangbild noch so schlecht war, weil diese Verdrehung der Maschine vom Unfall weiterhin in seinen Zellen steckt), hörte eine andere Patientin dabei zu und meinte: “Ich verstehe, was Sie meinen. Ich bin Architektin und für mich ist die Planung eines Hauses auch erst richtig abgeschlossen, wenn ich im Geist durch alle Zimmer gehen kann.”

Ja! So funktioniert das! Im besten Fall können wir jederzeit in unserem Körper einen Spaziergang machen. Wir sollten im Idealfall — wenn alles gut fließt — überall innerlich hinkommen können und verschiedene Aspekte aufspüren. Es muss nicht überall leichtgängig sein, doch schon allein das Hinspüren und Wahrnehmen verbessert durch unsere Aufmerksamkeit den Zugang und Durchfluss. Das äußert sich auch so bei der Gangschule http://blog.tina-knape.de/2020/01/24/gangschule-was-ist-das/ .

Auch emotional ist so eine innere Reise sehr aufschlussreich. Nicht umsonst bekommen wir “vor Schreck schlecht Luft” oder “verschließen unser Herz”. Auch da zeigt sich im Körper, ob unser Geist gerade eher frei und leichtfüßig ist oder wir in schweren Zeiten feststecken … und wie wir uns gerade spüren können.

Körperreisen sind toll. Diese Reise geht immer und überall, selbst bei Lockdown oder in Quarantänezeiten!

Gute Reise! Suerte.

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