daily hustle- in den Alltag einbauen

Schon zu Ausbildungszeiten in den Niederlanden ist mir dieser Begriff “daily hustle” begegnet und seit dem wohnt es als Inspiration in mir. Es geht darum, Zeit für Eigenübungen und Momente für Wahrnehmungsschulung im Alltag zu finden. Dem Patient/ Klient wird gewahr: Wie stehe ich gerade? Wie fühlt sich das an? Wie kann ich es mit nur einer vielleicht klitzekleinen Korrektur anders ausführen? Wann ist es besonders wichtig, auf mich zu achten? Wo verliere ich meine Aufmerksamkeit? Wo kann ich im ganz normalen Tag echtes “Training” einbauen, um Muskulatur zu stärken? (Meist sind es ja die kleinen, feinen, rumpfnahen Muskeln, die für mehr Halt und Stabilität sorgen- und peu à peu auftrainiert werden müssen, um zur Schmerzlinderung beizutragen.) Wie ist mein Tonus/ Grundspannung gerade? (Siehe auch http://blog.tina-knape.de/2019/07/12/im-koerper-landen/)

Es bedeutet auch, Verknüpfungen herzustellen, um Erinnerungen zu schaffen, dass man doch noch diese spezifische Übungen täglich ausführen wollte/ sollte. Dazu ist mein beliebtestes Beispiel, dass wir das auch jetzt schon beherrschen, das tägliche Zähneputzen. Da haben recht flächendeckend bei uns sowohl unsere Eltern als auch Aufklärung und Gesellschaft hierzulande für ein gutes routiniertes Programm in uns gesorgt. Zähneputzen macht man selbst noch nachts halb zwei nach einer Party. Man findet die Zeit, weil man es gewohnt ist- und weil es sich leckerer im Mund anfühlt, ohne Frage ;).

Sowas haben wir über den Alltag verteilt immer wieder. Tägliche Routine. Ein tagtägliches Treiben. Und genau da lohnt es sich, Eigenübungen einzubauen und spezifische Physio-Körper-Geist- wasauchimmer-Übungen anzuwenden und zu verknüpfen. Damit löst sich auch ein: “Es ist lästig. Ich habe keine Zeit.” recht schnell auf, weil integriert bekommt es einen Platz. Dieser Platz sorgt auch dafür, den tatsächlichen Effekt dieser Aufmerksamkeitsschulung oder den Release eines Muskels, weil er sich über den Tag nicht unendlich an Spannung weiter aufbaut, zu spüren und es zu einer neuen Verhaltensform heranwachsen zu lassen.

Um dass wir wirklich etwas neues abspeichern, brauchen wir 100 000 Wiederholungen, um dass es unwillkürlicher aus unseren Zellen als Aktion kommt. Hunderttausend Mal bewusst auf die Beinachse achten, während Sie die Treppe hochsteigen. Tausende Male acht geben, wie das Becken gekippt ist, während Sie am Bus stehen und warten. Viele, viele Aufmerksamkeiten darauf, wie Sie während eines (vielleicht langweiligen, vielleicht anstrengenden) Meetings auf Ihrem Stuhl sitzen. Tausendfach wiederholte Präsenz, wie Sie die Bierkiste/ Wasserkiste in den Kofferraum heben. Echten Fokus auf die Haltung Ihres Nacken, während Sie Auto fahren…

All das lernt sich nur anders, wenn es immer und immer wieder neu und bewusst passiert. Eine begleitende Behandlung hat den Effekt, dass der Körper wieder deutlicher ins Spüren kommt und durch externe Impulse leichter den Weg zurückfindet, wie es (nach evtl. all der Zeit mit Schmerz und/ oder Einschränkung) “noch” sein kann. Und dafür braucht es häufig eher kleine, feine Übungen, als einen neuen Fitnessstudio-Vertrag oder ein Bootcamp. Es braucht eine echte Integration und ein Gewahr werden in den Momenten, in denen es auch die verbesserte- oder wieder aufgenommene Bewegung in der Alltagsfunktion gebraucht.

So gilt es, wach zu werden und zu sein im Körper. Kleine Übungen können wunderbar verknüpft werden mit Alltagssituationen, die Ihnen viel begegnen: immer wenn Sie die Tasse in die Hand nehmen; immer, wenn Sie an einer roten Ampel stehen; immer wenn eine neue Email ankommt; immer wenn Werbung im Fernsehen läuft… Über den Tag verteilt sind gerade solche wiederkehrende Elemente eine gute Hilfe, wirklich was umzuprogrammieren. Wenn Sie einen Korrekturauftrag hinsichtlich Ihres Gangbildes haben, ist der täglich gleiche Flurabschnitt (vielleicht vor der Tür Ihrer Lieblingskollegin) eine wunderbare Trainingsstrecke. Wenn es darum geht, sich häufiger mal aufrechter hinzusetzen oder tiefer durchzuatmen, eignet sich der routinierte Griff zum Handy vielleicht sehr, auch gleich noch, bewusst durchzuschnaufen (und dass mit der stetigen Erreichbarkeit mit der Zeit immer weiter runter zu fahren, um in der Zeit lieber das tiefe Durchatmen hoch zu fahren 😉 )

Daily hustle. Täglicher Trubel. Genau da mitten rein: Wahrnehmen! Üben.

Statts das Gefühl von lästigen Übungen/ Hausaufgaben wünsche ich wunderbare, Schmunzeln erzeugende Verknüpfungen und ein wohliges Körpergefühl dabei. Tatsächlich gilt da wirklich: Übung macht den Meister.

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