Wie breit ist…?

Wie breit ist Ihre Spur? Nein, ich meine nicht Ihre Autoreifen oder die Spur der Verwüstung, die Sie nach einem Streit hinterlassen ;). Ich meine die Breite Ihres Standes und Ganges.

Gerade nach einem längeren Zeitraum der Belastung und Beschwerden versucht der Körper zu vermeiden und zu kompensieren. Das hat Vor- und Nachteile.
https://blog.tina-knape.de/2019/05/11/ein-hoch-auf-die-kompensation/
https://blog.tina-knape.de/2022/01/20/alles-im-lot/

Zwei Beispiele aus der Praxis: Eine Patientin hat sich aufgrund eingeschränkten Hüftbeweglichkeit zur Kompensation über Jahre eine größere Stand- und Gangbreite angewöhnt. Sie hat breite Schultern und ein schmales Becken, steht aber eher schulterbreit und nicht beckenbreit auf ihren Füßen. Das bringt einige -auch ungewünschte- Effekte als Kettenreaktion mit sich. Die leichte X-Bein-Stellung fällt scheinbar weniger auf, die Leisten werden (Sitzberuf), auch im Stand und Gang nicht so recht gestreckt und ihre Aufrichtung holt sie somit eher aus der Lendenwirbelsäule. Als Folge schmerzt und verspannt es sich in dieser Region regelmäßig. Was war zuerst da – Huhn oder Ei, Rücken- oder Hüftbeschwerden?

Nachdem sich ihre Spannungsketten aufgrund der HandsOn-Behandlung und ihrer fleißigen Umsetzung von Übungen zuhause Stück für Stück verbessern, wird ihre eingeübte Kompensation im Stand und Gang immer deutlicher. Aufträge, wie mit beiden Füßen nah an einer Mittellinie spazieren, fordert sie anders in ihrer Aufrichtung heraus. Im Stand sollte maximal eine Faust breit Platz zwischen ihren Füße sein. Das schmale Stehen aktiviert neue Muskelketten, die bei ihr in den letzten Jahre vernachlässigt worden sind.
Ich staune nach über 20 Jahren Therapieerfahrung, welche Effekte manch simple, doch achtsame Korrekturen erzielen. Dieses Bewusstsein für Haltung und Gangbild peu a peu in den Alltag zu integrieren, wirkt immens. https://blog.tina-knape.de/2020/01/24/gangschule-was-ist-das/

Bei Fallbeispiel 2 hat die Korrektur der Spurbreite einen ähnlich wirksamen Effekt. Ein Patient konnte nach seinem Unfall lange nur ein Bein teilbelasten und musste sich viel schonen. Auch hierbei sucht sich der Körper ein gewisses Vermeidungsmuster, das weniger Schmerz und (scheinbare) Entlastung mit sich bringt. Das vom Unfall betroffene Bein wanderte dabei in seiner Spur weiter nach außen und verursachte einen breiteren Stand und Gang. Mit gezielten Übungen gilt es, diese Spur wieder näher zueinander zu bringen und die außen liegenden Oberschenkelmuskeln besser zu aktivieren. Das Resultat: ein eleganter, physiologischer Gang inklusive Muskelkater in lange ungenutzten Regionen am Becken. Die Wachsamkeit zur Selbstkorrektur beim Gehen ist im Moment ein wesentlicher Trainings- und Heilungsschritt des Patienten.

Nun geht die Frage wieder an Sie, auch als Prävention: Wie bewusst sind Sie in Ihrem Stand und Gang? Was machen Ihre Füße und die Aufrichtung in Ihrem Becken, wenn Sie an einer Supermarktkasse stehen oder auf die U-Bahn warten? Wie überkreuzt, nah oder fern voneinander sind Ihre Füße in Position, wenn Sie mal wieder am Spielplatz aufs Kind warten oder beim Kartoffel schälen in der Küche stehen?

Stellen Sie sich doch einmal bewusst auf beide Füße. Faustbreit Platz lassen. Schaukeln Sie bei diesem Bodenkontakt auf beiden Beinen ein bisschen nach links und rechts, um Ihre Mitte zu finden. Schwingen Sie von vorn nach hinten. Justieren Sie sich aus. Wo ist die Mitte? Was machen nun Ihre Knie? Wie fühlt sich die Spannung im Oberschenkel an? Wie steht Ihr Becken? Wie aufrecht sind Sie im Rücken? Können Sie Ihre Schultern entspannen? Ist Ihr Kopf über Ihren Füßen?

So ein spüriger, wahrnehmungsstarkes Check up ist auch sinnvoll, wenn Sie im Job nicht nur sitzen, sondern ebenso stehen. Egal, ob als Bürotätiger, als Lehrer*in oder als Profimusiker: Entwickeln Sie ein Bewusstsein für Ihre Spurbreite. Bleiben Sie flexibel genug, um auf einer Bordsteinkante balancieren und auf einer französischen Rastplatztoilette in der Hocke durchhalten zu können. Oder um einen Catwalk wie ein Mannequin zu absolvieren.

Wie breit ist Ihre Spur? Und was spüren Sie, wenn Sie Korrekturen vornehmen?

Let’s go!

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