Während einer Feier mit Fachkollegen kam es neulich zu einem interessanten Austausch über die eigene Art und Weise der Berufsausübung und -umsetzung, was jeder und jedem also wichtig ist im Job und warum wir nach wie vor als Therapeuten arbeiten. Fachkräftemangel und lange Wartezeiten auf einen Termin sind auch in unserem Bereich aktuell ein großes Thema. Auch die Gehaltssituation in sozialen Berufen ist weiterhin mit der freien Wirtschaft mitnichten zu vergleichen. Dazu eine einrichtungsbezogene Impfpflicht obendrauf zu setzen — alles andere als förderlich. Oder direkt formuliert: berufliche Aufgaben mit Sinn, da am Menschen gearbeitet wird, sowie mit einer hohen Frauenquote besetzt sind, werden nicht unbedingt am Monatsende auf dem Gehaltszettel honoriert.
Es war interessant, nach all den Jahren, die ich nun schon als Physiotherapeutin arbeite, jene essenziellen Aspekte zu benennen, die mich antreiben, nach wie vor in meinem Beruf zu bleiben und ihn mit Herzblut auszuführen. Trotz verschiedener Standorte und Arbeitsfelder innerhalb des Therapiesettings bleibt das Kernanliegen doch ähnlich. Im Jahr 2014 etwa schrieb ich für eine Physio- Website unter anderem diesen Blogpost:
Noch immer strebe ich nach bestem Wissen und Gewissen danach, gern mein eigener Patient sein zu wollen. Und dazu gehört im besten Fall nicht nur die Behandlung an sich, sondern auch all die begleitenden Abläufe.
Hierfür ist es gut, dass es neben den Youngsters auch berufserfahrene, durch zahlreiche Fortbildungen qualifizierte “old school” Therapeuten gibt. Junge, gerade ausgebildete Kollegen haben eine wunderbare Frische und Unbeschwertheit. Gleichzeitig bringen sie seit einer geraumen Zeit, eine pandemische Vorsicht mit, die wiederum die Quote der Nutzung von Latexhandschuhen während einer Behandlung in die Höhe treibt. Ein Austausch über das Für und Wider bestimmter Kernthemen bringt im besten Fall Bereicherung mit sich. So durchmischt mit Sichtweisen von älteren Mitarbeitern und deren Erfahrungswelten mit neuen Ansätzen des Nachwuchses wird die Welt der Physiotherapie noch ein bisschen bunter und befruchtender — für alle Beteiligten.
Dieses Phänomen kennen Sie sicher auch in Ihrer Branche. Stellen Sie sich manchmal ebenfalls die Frage: Wäre ich gern mein Kunde, Mandant, Schüler, Mitarbeiter, Klient? Wie wach und beweglich ist Ihr Gegenüber, auf veränderte Situationen einzugehen? Wie gehen Sie selbst damit um? Bin wirklich ICH in diesem Moment als Person, Kunde, Gast, Patient gemeint — oder wie hoch ist eventuell der Anteil des stumpfen “Abarbeitens des dritten Knies” zum Mittwoch vormittag?! Wie viel Erklärung braucht es, um eine gute Kooperation zwischen Patient und Therapeut, Anbieter und Kunde etc. zu erzielen? http://blog.tina-knape.de/2021/10/28/therapieziel-gute-bewegungserfahrung-sammeln/ Wie präsent und ausgerichtet ist mein Gegenüber? Wie viel Raum nehmen allein die Organisation und die Abläufe ein (Anreise, Parkplatzsuche, Terminfindung)?
Wie individuell, spezifisch angepasst und ausgerichtet ist das Miteinander tatsächlich — und was ist mehr Schein als Sein?
Qualität und Anspruch finden wir am besten in uns, intrinsisch, um, klischeehaft formuliert, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Diese innere Motivation trägt. http://blog.tina-knape.de/2021/04/08/die-wichtigkeit-des-wie/ Diesen Einsatz vom Umfeld widergespiegelt und honoriert zu bekommen, wirkt wie Dünger für die Pflanzen.
Ausrichtung des Tages: Wären Sie gern Ihr Patient, Kunde, Schüler, Nachbar… und warum?
Waches Selbst-Beobachten wünsche ich.