Neulich bei der Arbeit begegnete mir wieder ein interessantes Beispiel für das sinnvolle Nutzen von KörperWahrnehmung.
Es ist von mir ein gern genutztes Bild, dass der Körper der Tempel ist, in dem wir wohnen. Und unsere Zellen versuchen manchmal über Schmerz, Spannung, Taubheit, Schwindel… mit uns -zugegeben- auf subtile Art und Weise zu kommunizieren.
Eine Frage, die ich dann stelle, ist: “Und wenn Sie mit den Zellen reden würden bzw mal zuhören, was sie erzählen, was kommt dabei raus? Was sagen sie?”
Unser Körper ist mit Sicherheit nicht unser Feind und stellt sich uns mit Absicht in den Weg. Er teilt uns was mit. Er ist grundsätzlich auf unserer Seite, auch wenn es sich nicht immer danach anfühlt. Eine mögliche Reaktion auf Schmerz bzw Symptome ist, dass Leute es loswerden wollen und es nur lästig ist. Auch dieser Aspekt ist verständlich, bringt nur meistens nicht so viel, weil erfahrungsgemäß es nur lauter und vielschichtiger wird, dass der Körper uns ausbremst und sich weiter unverstanden fühlt.
Und dabei meine ich nicht einen Fliesenleger, der kurz vor der Rente nicht mehr gut knien kann, weil das in seinem Leben schon viel zu oft nötig war. Nein, ich meine junge, fitte Menschen mit einem eher kopflastigen Job, die Spannungen und Einschränkungen im Rücken oder Nacken entwickeln, Taubheit in den Fingern, Kopfschmerzen… alltagslimitierende Symptome, meist schleichender Beginn, ohne echten Auslöser wie einen Unfall oder eine vorangegangene OP. Meist sind die Betroffenen auch wirklich bemüht, dem Körper was gutes zu tun oder Empfehlungen zu folgen. Doch es hat häufig nicht den schnellen und effizienten gewünschten Erfolg. Die innere Kommunikation ist ungeübt oder gestört. Heilung tritt nicht wie versprochen und erwartet ein.
Häufig kommt in der Selbstbeschreibung auch sowas wie “Druck, Stress, anstrengende Arbeits- Lebensphase” hinzu. Ja. Es ist gut zu erkennen, dass es zwischen Körper und Geist eine Verbindung gibt. Und genau da ist meine Schnittmenge, diese beiden Elemente wieder besser zusammenzubringen und die Kommunikation wieder aufzunehmen. Der Schmerz ist physisch da und einschränkend, ohne Zweifel. Doch die Info, die uns unser Körper sendet, ist sicher nicht, dass er uns zusätzlich auch noch ärgern und hemmen will. Nein, die Botschaft ist meist eine völlig andere. Es ist interessant hinzuhören, was er erzählt. Es ist auch mit jeder unserer Zellen möglich, in Kommunikation zu treten. Offen sein, hinhören, Gespür entwickelt, vielleicht ein bisschen aushalten und ertragen, um besser zu verstehen, was die Spannung denn will und was der eigentliche Impuls darin ist. Aufmerksamkeit schenken, sich genau damit auseinandersetzen. Etwas dazulernen. Sich spüren- auch wenn es schmerzhaft und unbequem ist.
So kann man mit einem Rückenschmerz in Kontakt treten oder z.B. “hinhören”, was ein Tinnitus einem zu sagen hat. Und ja, häufig ist da was drin, was heißt: Es ist mir zu viel. Es ist mir zu schnell. Es sind zu viele Einsatzgebiete zugleich. Es ist zu viel Druck. Es ist zu wenig Raum. Ich brauche mehr Pausen. Ich fühle mich nicht gesehen. Ich wünsche mir mehr Beachtung. Lass mich in Ruhe. Ich kann nicht mehr. Ich will so nicht mehr.
Das ist der unbequeme Teil, der dann auftaucht. Das könnte auch der Einstieg sein, sich die “echten Fragen” zu stellen. Bin ich hier richtig? Tue ich das, was ich mir für mein Leben wünsche? Ergibt meine Arbeit/ meine Beziehung/ mein Einsatz Sinn?
Ein häufig zu findender Wunsch ist: Einfach “wegmachen”. Am besten jemand anderes zaubert es mit wenigen Sessions weg: Der Masseur, der Physio, der Chiropraktiker, der Arzt. Vielleicht mit einer Spritze oder irgendeiner schnellen Technik, wie man wieder was “einrenkt”… Doch: wie nachhaltig kann es dann sein, wenn die Botschaft darin eine andere ist, die der Körper uns auf seine Art versucht, mitzuteilen? Mit einer flotten und intensiven Intervention lässt er sich manchmal kurz besänftigen. Doch nach einer Weile murrt der Körper meist erneut und macht so lange weiter, bis die Erkenntnis beim “Körperbesitzer” angekommen ist, dass da noch mehr Info drinsteckt. Das ist zumindest meine Erfahrung als Begleitschutz für Symptome wie diese.
In meinem Job fühle ich mich häufig als verbindendes Element, die innere Kommunikation wieder aufzunehmen. Manchmal kann ich helfen, zu übersetzen, was die Spannung oder der Schmerz noch mitteilen. Meistens geht es um Ausgewogenheit. Balance. Ausgleich. Ausdruck. Selbstfürsorge. Achtsamkeit.
Fazit: Unser Körper ist nicht gegen uns. Er ist unser Zuhause. Es lohnt sich, hinzuhören, was er will, weil: Er wird uns in diesem Leben begleiten bis zum Ende unserer Tage. Er ist unser Kontakt zur Welt. Unser Körper bietet uns die Möglichkeit, die Welt zu erfahren, zu erleben, mit allen Sinnen zu spüren. Er ist wahrlich mehr, als eine Funktionsmaschine, in die wir Nahrung füllen und die unverwertbaren Reste wieder ausscheiden. Er bietet und verlangt von uns mehr, als dass wir nur ab und zu teure Creme drauf schmieren oder ihn auf eine schicke Liege im Urlaub ablegen. Wir sind Hülle und Füllung gleichermaßen. Es bietet uns fühlige Wahrnehmungen für all das, was das Leben noch lebenswert macht außer Job, Erfolg, Tempo, Karriere, finanzielle Absicherung.
Erst der Körper macht es uns möglich, die Welt zu spüren, zu schmecken, zu riechen, zu fühlen, zu hören, zu sehen, zu lieben, uns vorwärts zu bewegen, uns auszuruhen, zu chillen, zu genießen… Und wenn all das in einem durchstrukturierten, vielleicht eher kopflastigen Alltag zu kurz kommt, darf er gern auch mal murren und sich auf seine Art bemerkbar machen, um aufzuzeigen, um was es im Leben vielleicht noch geht.
Also- nach innen gehen und mal hinhören. Mal wirklich innehalten und die Frage stellen: Lieber Körper, was willst Du mir denn eigentlich sagen, was ich bisher nicht verstanden habe? Was kann ich für Dich tun? Was brauchst Du? Was kommt gerade zu kurz? Was ist gerade zu viel?
Ich kann versprechen: Das ist eine wunderbare Reise. Da ist mehr los als man im Kino erleben kann ;). Auf zu inneren Welten und deren Entdeckung und auf eine bessere Verständigung für all die verschlüsselten Botschaften.