Eine Blumenweisheit

Neulich habe ich Blumen gekauft, Sonnenblumen. Im Topf. Es gab eine große leuchtende Blüte- und noch einige nah dran liegende Knospen.


Während die Blumenfrau es in Papier wickelte, sagte sie zu mir: “Und wenn die Blüte abgeblüht ist, einfach abschneiden, damit die Kraft in die anderen Knospen geht und neue tolle Blüten werden können.”


Den Satz musste ich erstmal sacken lassen.


Sicher war das fachlich kompetent und auch durchaus sehr freundlich, dass sie mir das beratend beim Einpacken mit auf den Weg gab… und gleichzeitig hatte sie mich in einem weichgespülten Moment erwischt, wo dieser Satz einschlug wie ein Eimer Eiswürfel über den Kopf.
Die komplette Rückfahrt mit dem Roller hatte ich unter meinem Helm einiges nachzusinnen- und auch dann wirkt es noch nach, wie Ihr ja hier merkt.


Kann man diese blumige Weisheit vielleicht aufs Leben übertragen?
Sollte man so auch durch das Leben gehen? Nach dem Abblühen, egal, wie schön, leuchtend und besonders es war, es einfach abschließen? Wenn eins zu Ende gegangen ist, direkt Raum schaffen, um dass das Neue entstehen kann? Von einem Kapitel, was beendet ist, zum nächsten übergehen?

Gilt das für leichte Alltagssituationen- oder auch für schwierige Lebenslagen?


Irgendwie hat es auch ein Verdeutlichen, gut im Hier und Jetzt zu sein. Den Augenblick nehmen und die Kraft in das stecken, was es braucht. Das Alte ist verblüht und das noch Kommende braucht die Energie, um zu wachsen und zu gedeihen.


Wie handhaben wir das bei Liebeskummer? Wie erkennen wir es im Job, zuzuordnen, wenn es Zeit für Wandel ist? Wohnen wir noch da, wie es für die schon aufgegangene nächste Lebensblüte stimmig ist? Wäre es auch eine Handhabe, mit Erkrankung und Tod so umzugehen?


Die Kunst könnte sein, wahrzunehmen, ab wann es eine verblühte Blüte ist und es Zeit ist, der nächsten Aussprossung Platz zu geben. Manchmal sind wir so in unserer Gewohnheit und unserer Idee von etwas verfangen, dass wir den echten Moment verpassen, wann es nicht mehr darum geht, noch weiter Energie ins Aufblühen zu stecken (weil vielleicht einfach schon vollendet), sondern im natürlichen Zyklus des Lebens einen Abschluss zu finden- und Raum für das nächste zuzulassen bzw. zu schaffen.


Was für ein interessanter Ansatz: durch das Abschneiden bleibt die Kraft erhalten, um sie in was neues zu investieren. Also so a la “nicht auf das tote Pferd setzen”. Das sinkende Schiff zur rechten Zeit verlassen. Den wahren Moment des Übergangs erkennen. Dazu gibt es verschiedene Bilder.
Und wieder geht es dabei- egal, ob körperlich oder mental- um die Wahrnehmung des Hier und Jetzt. Das Gespür, zu erkennen, was ist- und was vergangen liegt- und somit uns kräfteverteilungstechnisch nicht selbst im Weg zu stehen.

Erstmal klang es für mich auch nach einer knallharten Weisheit. Zack, abschneiden, Energie anderweitig nutzen. Fertig.
Andererseits geht es nicht um die ganze Blume. Das Leben bleibt. Es dreht sich (nur) um einen Aspekt, der seinen Zyklus der Zeit abgeschlossen hat- und der Raum gibt, dass die nächste Phase entstehen und das Leben kraftvoll weitergehen kann.


… da geh ich einfach mal in den Blumenladen mit all den bewegenden Patienten-Geschichten des Tages in Hand und Herz- und das passiert als Inspiration bei der Aussage einer Blumenfrau…

Danke, Leben.

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