Wie ist das bei Ihnen: Hat die 7 eine konkrete Farbe? Haben bestimmte Buchstaben oder Worte eine farbliche Zuordnung? Abgefahrene Idee? Nein, für ca 4 % unserer Bevölkerung ein vertrautes Phänomen. Diese Form der erweiterten Wahrnehmung heißt Synästhesie.
Ich erinnere mich an einen Patienten, der am Ende einer, in seinen Augen gelungenen, Behandlung den “gelben Ton” erlebte. Ein Freund von mir erfuhr mit Anfang 50, dass nicht jeder zu einer Zahl auch eine konkrete Farbe im Kopf hat. Er hatte bis dahin gedacht, jeder Mensch würde dies kennen. Auch das eigene physische Miterleben des Schmerzes seines Gegenüber ist ein Phänomen, das er als Synästhetiker kennt. Gleichzeitig ist er als Ingenieur bei anderen Phänomen wiederum der pragmatische Naturwissenschaftler. 😉
All das verbirgt sich hinter dem Begriff “Synästhesie”. Eine sehr informative und tiefergehende Quelle dazu ist:
http://www.synaesthesie.org/de/synaesthesie
Was ich thematisch sehr berührend finde, ist diese kleine Szene in dem Film Ratatouille:
Wie interessant ist es doch, dass wir unsere eigene Wahrnehmung als Standard ansehen, wenn wir keinen Vergleich, weil keinen Austausch mit anderen darüber haben, ob beispielsweise Zahlen eine Farbe für uns haben? Wie selbstverständlich setzen wir in bestimmten Punkten voraus, dass Grün für jeden Grün ist und eine Zahl eine Zahl. Und selbst bei so faktischen und nüchternen Dingen ist es für manch einen (auch auf eine gesunde Art und Weise) viel farbenfroher und “anders”. Wie verrückt ist vielleicht manchmal die Idee, davon auszugehen, dass unser Gegenüber versteht, was wir meinen — weil “er oder sie sich das doch bestimmt denken kann”. Mehr dazu demnächst unter dem Begriff “Assoziationsketten” http://blog.tina-knape.de/2021/05/13/assoziationsketten-durchschauen/.
Aber erst einmal ein farbenfrohes Erleben für alle Normalos und ein Verstanden fühlen für alle Synästhetiker, dass sie mit dieser Gabe jenseits der Norm nicht allein sind auf der Welt. Augen auf, innen und außen!