
So wie ein Bäcker im Ausland Croissants oder landestypische Backwaren verkostet und eine Architektin städtebaulich viel entdeckt, so hat auch eine Physiotherapeutin immer einen geschulten Blick für das Gangbild oder die Bewegungsabläufe anderer Menschen. https://blog.tina-knape.de/2020/01/24/gangschule-was-ist-das/
Zugegebenermaßen irritieren mich E-Bike-Fahrer*innen, wenn deren Körperbau, die Steigung des Berges und die Geschwindigkeit nicht mit dem Bewegungsablauf zusammenpassen, immer wieder. Ebenso das junge Paar am Frischluftpool in Südtirol, die sich bei feinstem Sonnenschein an ihrem “Wander-Ruhetag” trotzdem dem täglichen Workout auf ihrer Yogamatte hingab (oder sich hindurchquälte). Mein Fachblick ließ direkt meine Augenbrauen hochziehen. In einer App waren die Trainingsaufgaben und Wiederholungszahlen vorgegeben. Diese galt es, selbstdiszipliniert auch im Urlaub zu absolvieren. Squats, Plank, Burpees, Push-ups, Sit-ups… Die exakte Ausführung der Übungen hingegen konnte die App leider nicht kontrollieren. Dies war der sehr bedauerliche Teil, dem ich beiwohnte und mein Therapeutenherz bluten ließ.
Auch ich empfehle meinen Patient*innen gelegentlich Eigenübungen zuhaus mit digitaler Unterstützung, beispielsweise über Youtube. https://blog.tina-knape.de/2022/05/05/am-morgen-sich-bewegen-und-den-tag-bewusst-starten/ Der Nachteil dessen ist ähnlich – niemand kann die exakte Ausführung kontrollieren. Der Vorteil ist: Patienten haben auch eine Anleitung zuhaus, sind zeitlich flexibel und während ihnen im Video vorgeturnt wird, findet parallel dazu eine adäquate Bewegungsbeschreibung statt, inklusive Hinweis auf eventuelle Fehler. Und unter konkretem Anleiten während der persönlichen Begegnung in einer Behandlung lässt sich die Fehlerquote für das Heimtraining zumindest reduzieren.
Das Workout-fleißige Pärchen jedenfalls erzählte mir ihre App-User- Entstehungsgeschichte: Mit der Pandemie schloss das Fitnessstudio und auf dem Markt entwickelten sich rasch viele attraktive, digitale Trainingslösungen ohne hohe monatliche Gebühren, dass sie danach nicht wieder ins Studio gingen. Außerdem fragten sie sich: Wie genau kontrolliert ein*e Trainer*in heute eigentlich das, was Menschen da an Geräten fabrizieren?
Nun. In ihrem Fall trafen sie eine Physiotherapeutin, die auch im Urlaub Tipps gab und eine persönliche, individuelle Ergänzung zur App beisteuern konnte. Das wäre hiermit auch meine für alle anderen Nutzer aller Fitness-Apps: Gönnen Sie sich einen geschulten Physiotherapeuten oder Personal Trainer, der mit Ihnen jede Übung durchgeht und bei der individuellen Korrektur hilft. Dass Sie sich bewegen wollen und sich regelmäßig zum Training überwinden: Ein absolutes Für! Da es möglich ist, leider auch sehr falsch und kompensatorisch zu trainieren, ist leider das nicht zu unterschätzendes Wider der Apps.

Auch beim “Falschmachen” von Übungen gibt es Klassiker. Hier ein paar Tipps, worauf Sie achten sollten:
* Beckenkippung. Es gibt “zu weit vorn” und “zu weit hinten”… finden Sie die goldene Mitte, um stetig auch Unterbauchmuskelaktivität bei den einzelnen Übungen zu spüren.
* Kopfposition. Was macht der Kopf bei den jeweiligen Übungen? Kontrollieren Sie, ob er zur Übung passt.
* Atmung. Vergessen Sie nicht fließend ein- und ausatmen zu können. Der Atem fließt stets frei. Wenn Sie während der Übungsausführung die Luft anhalten müssen, ist die Übung zu schwer.
* Freude. Apps helfen, den inneren, antriebsarmen Schweinehund in Schach zu halten und den Wochenerfolg optisch unterstützt nicht abreißen zu lassen. Aber: Qualität der Bewegung vor Quantität. Bewegungsfreude vor Pflichtprogramm. Versäumen Sie nicht, dass Sie der Bewegung wegen und zum Wohle Ihres Körpers trainieren und nicht, um volle Punktzahl in einer App zu erlangen oder für das Leuchten der Fitnessuhr unterwegs sind. Sie tun es im besten Fall vor allem für sich selbst, Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden.
.. und für ein unbändiges Gefühl der Lebendigkeit… Los gehts!