Gastbeitrag von Nina: Wie kann uns Ayurveda in der Corona Zeit helfen?

Ayurveda ist eines der ältestes Medizinsysteme der Welt, welches heute noch angewandt wird. Es betrachtet den Menschen als Ganzes im Zusammenhang mit der Umgebung, in der er sich befindet. Man muss kein Spezialist sein, um Ayurveda anzuwenden. Einfache Maßnahmen können schon hilfreich sein, um unsere Gesundheit positiv zu beeinflussen und uns vor Krankheiten zu schützen.

Um ayurvedische Maßnahmen zu verstehen, ist meiner Meinung nach eine kurze Einführung hilfreich. 

Aus der Sichtweise des Ayurveda sind der physische Körper und seine physiologischen Funktionen aus drei Grundenergien (Doshas) aufgebaut. Diese nennen sich VataPitta und Kapha

Die Vata-Energie setzt sich aus den Elementen Wind und Äther zusammen und kontrolliert sämtliche Bewegungsabläufe im Körper, wie z. B. die Bewegung des Skelettsystems, die Darm – Peristaltik, den Blutkreislaufs, die Gedanken etc. 

Pitta besteht aus den Elementen Feuer und Wasser und manifestiert sich im Körper als flüssiges Feuer. Das entspricht somit allen sauren Verdauungsflüssigkeiten und biochemischen Prozessen, die dem Metabolismus dienen und Wärme erzeugen. 

Kapha wird aus den Elementen Wasser und Erde gebildet. Man findet es im Körper bei allem, was feste Materie ist. Dazu gehört alles, was man anfassen kann: alle Muskeln, Knochen, Membranen einfach alles, was unsere Struktur ausmacht. 

Obwohl sich diese Grundenergien im ganzen Körper verteilen, ist der Hauptsitz von Kapha im Bereich des Magens und der Lunge, Pitta im Magen und Dünndarm und Vata im Dickdarm. 

Alles, was wir essen, sämtliche Einflüsse aus unserer Umgebung (Wetter, Umweltverschmutzung etc.), unser Alter, unserer Lebensgewohnheiten und unsere geistige Verfassung haben einen Einfluss auf das Gleichgewicht dieser Grundenergien. 

Somit können zum Beispiel zu üppige Nahrung, Bewegungsmangel, kaltes Wetter und fehlender Sonnenschein dazu führen, dass sich Kapha vermehrt und im Bereich des Magens und der Lunge angesammelt wird.

Zu viel Hitze, heiße Getränke, Alkohol, rotes Fleisch, scharfe Gewürze, aber auch zu viel Arbeit, Konkurrenz, hitzige Diskussionen können Pitta erhöhen. Dieses sammelt im Bereich des Dünndarms an.

Ein Übermaß an Bewegung, Aufregung, Kälte, Trockenheit, unregelmäßig Lebensgewohnheiten, Stress und zu viel Informationsaufnahme können das VataDosha erhöhen und dieses im Dickdarm ansammeln.

Setzt man sich über längeren Zeitraum Faktoren aus, welche die Grundenergien oder Doshas aus dem Gleichgewicht bringen, können diese auch aus dem Magen-Darm-Trakt austreten und in anderen Bereichen des Körpers Krankheiten auslösen. 

Bei Vata und Kapha Krankheiten wird fast immer das Verdauungsfeuer (Agni) im Magen-Darm-System und in den Geweben geschwächt. Das führt dazu, dass sich nicht-vollständig-verdaute Nahrung (Ama) im Magen-Darm-System und in den Geweben ansammelt. Ama verstopft die Kanäle des Körpers und ist aus ayurvedischer Sicht die Hauptursache für viele Krankheiten. Oft kann Ama zu Fieber und sogar Infektionskrankheiten führen. 

Was bringt mir Ayurveda, um mich in der Corona-Zeit zu unterstützen?

Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine schwache Verdauung und Faktoren, die Kapha und Vata stark erhöhen, zur Verstopfung unserer Kanäle durch Ama führt. Sobald der Körper verstopft ist, können die Zellen nicht mehr vollständig versorgt werden. Das wiederum bietet eine Spielfläche für sämtlichen Krankheiten, unter anderem Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren. Folgende ayurvedische Maßnahmen halten unseren Körper gesund und geben Krankheitserregern gar nicht erst die Möglichkeit, es sich bei uns gemütlich zu machen:

1) Verdauungskraft stärken und Ama abbauen:

Wie merke ich, dass meine Verdauungskraft geschwächt ist und meine Kanäle verstopft sind?

Anzeichen für geschwächte Verdauungskraft und verstopfte Kanäle sind der Verlust von Hunger, der Geschmacksempfindung und Appetit, träge Verdauung, langsame und unvollständige Stuhlentleerung, Blähungen, Zungenbelag, Atemgeruch, Kraftverlust, Schwere-Gefühl, Müdigkeit und  Lethargie.

Was empfiehlt Ayurveda, um meine Verdauungskraft wieder zu stärken und Ama abzubauen?

Eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Verdauungskraft zu stärken, ist es, nur dann Nahrung zu sich zu nehmen, wenn man wirklich Hunger und Appetit verspürt, nicht zu viel zu essen, alles gründlich kauen, leichte Kost und warme Speisen/Getränke zu sich zu nehmen. 

Empfehlenswerte Ernährung/Getränke: Beispiele für leichte Kost sind: Suppen, gekochtes oder gedämpftes Gemüse, Reis, Mungbohnen-Dal, gekochtes Obst und gekochtes Getreide. Ingwer spielt bei der Stärkung der Verdauungskraft eine zentrale Rolle und wirkt auch noch fiebersenkend, antibakteriell, antiviral und blutreinigend. Vor dem Essen eine Scheibe Ingwer zu kauen, bereitet das Verdauungsfeuer auf die bevorstehende Arbeit vor. Fast alle Küchenkräuter und Gewürze verbessern die Verdauung und helfen somit auch, Ama abzubauen, wobei sich bittere und scharfe Kräuter besonders gut eignen. Bei langsamer und träger Verdauung empfiehl es sich, Ajwan, Asant, Knoblauch, Pfeffer, und Ingwer zu verwenden. 

Gewürze und Kräuter können auch als Tee oder Aufguss zu sich genommen werden. Ein berühmtes und in dieser Zeit sehr zu empfehlendes Beispiel ist der klassische Chai oder Yogi-Tee (mit Ingwer, Nelken, Anis, Zimt, Kardamom und Pfeffer – aber bitte ohne Milch). 

Weitere Ama abbauende Kräuter sind Enzian, kanadischer Gelbwurz, Berberitze und Aloe Vera. 

Nicht zu empfehlen sind Milchprodukte, raffinierte Zucker, raffinierte Getreide, raffinierte Öle, rotes Fleisch, zu viel Roh-Kost, prozessierte Nahrungsmittel und kalte Nahrungsmittel, weil sie Agni weiterhin schwächen können. 

Körperliche Bewegung und sämtliche Aktivitäten, die Hitze im Körper erzeugen (Sauna, heißes Bad oder einfach unter der Bettdecke mit einer Wärmflasche schwitzen) sind wirksame Mittel, um Ama zu reduzieren.

Eukalyptus ist eine Pflanze, welche Ama speziell in den Atemwegen abbauen kann und kann beispielsweise als reines ätherisches Öl in Wasser verdampft werden.  

2. Immunsystem stärken:

Ein geschwächter Körper ist aus ayurvedischer Sicht krankheitsanfällig. Alle Gewebe müssen gut genährt sein, um richtig zu funktionieren und uns vor äußeren Einflüssen zu schützen. 

Ayurvedische Nahrungsergänzungmittel (Rasayana) können helfen, die Gewebe wieder aufzubauen.  Diese werden allerdings nur empfohlen, wenn die Verdauungskraft stark ist und keine Krankheitssymptome zu beobachten sind – also vorbeugend. 

Einige Beispiele ayurvedischer Pflanzen, welche den Körper und die Immunkraft stärken, sind: 

Withania somnifera (Ashwagandha): Sie wirkt verjüngend, nährt alle Gewebe und verleiht laut den alten Schriften die Kraft des Pferdes. In der westlichen Pflanzenheilkunde wird diese Pflanze als immunmodulierend eingestuft und ähnelt in ihren stärkenden Eigenschaften dem chinesischen Ginseng. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist die schlaffördernde Wirkung von Ashwagandha, welche auch indirekt zur Förderung der Gesundheit beiträgt. Die Pflanze kann in Pulverform in etwas Milch (auch in veganer Milch) eingenommen werden. Milch empfiehlt sich natürlich nur, falls die Verdauungskraft stark genug ist und die Milch eine vertrauenswürdige Herstellung genoss. 

Auch zu empfehlen ist Phyllanthus emblica (Amla oder Amalaki)Amalaki enthält sehr viel Vitamin C, welches besonders stabil und sogar thermoresistent ist. Es wirkt stark verjüngend besonders auf Blut (es vermehrt die Anzahl roter Blutkörperchen), Knochen, Leber und Herz. Eine köstliche Zubereitung ist Chyavanprash (Amla-Muß), dieses enthält neben Amalaki auch eine ayurvedische Gewürzmischung, welche alle Geschmacksrichtungen enthält und alle Doshas somit ausgleicht.

Tinospora cordifolia (Guduchi) ist eine bittere Pflanze, welche die Verdauungskraft im Magen-Darm-Trakt und den Metabolismus in den Geweben stärkt. Das führt dazu, dass Ama im ganzen Körper abgebaut wird und sämtliche Nährstoffe auch wieder in den Geweben ankommen. Somit wirkt es auch fiebersenkend. Ihre andere Bezeichnung Amrit bedeutet Nektar und steht für ihre stark verjüngende Kraft. 

3. Stress reduzieren bzw. Vata-Dosha beruhigen:

Wichtig für die Gesundheit ist ebenfalls der Zustand des VataDoshas. Vata ist die subtilste Kraft in unserem Körper. Sobald zu viel davon angesammelt wird, werden wir zu leicht und instabil. Das kann unter Anderem zu Unruhezuständen, Ängsten, einer Schwächung der Verdauungskraft, Schlafstörungen und zu Kraftverlust und Anfälligkeit für Krankheiten führen.  

Was bringt Vata aus dem Gleichgewicht?

Vata wird vor allem durch Kälte, Stress, Ängste und Überanstrengung stark erhöht und gerät somit aus dem Gleichgewicht. Besonders zu beachten ist, dass Vata unseren Geist beherbergt, welcher wahnsinnig kreativ ist. Vielleicht gelingt es dem einen oder anderen, zu beobachten, wie viele und welche Gedanken in kürzester Zeit in unserem Geist entstehen. In Windeseile hat sich der Geist ein schreckliches Zukunftsszenario ausgedacht, wenn wir ihm den nötigen Input dafür gegeben haben (welches in den seltensten Fällen so eintrifft, wie wir uns das ausgedacht haben). Daher es ist auch essenziell darauf zu achten, welchen Sinneseindrücken man sich aussetzt. Das Anschauen von Gewaltszenen im Fernsehen, das zu oft bedrohliche Nachrichten anhören oder einfach zu viel Information über das Fernsehen oder Internet in sich ‘aufnehmen’ , wird unsere Gedanken negativ beeinflussen, ob wir wollen oder nicht.

Generell wird zu viel geistige Aktivität das Vata-Dosha fast immer aus dem Gleichgewicht bringen (zu viele Termine, Reisen, Aufgaben etc.). 

Wie beruhige ich mein Vata?

Um Vata wieder zu beruhigen, eignet sich generell die Anwendung von Wärme (z. B. warmes Bad nehmen, warmen Tee trinken, warmes Essen etc.), aber auch ein geregelter Tagesablauf und Schlafhygiene. Sehr zu empfehlen sind 3 warme Mahlzeiten am Tag, sämtliche Entspannungstechniken und sanfte Yogapraxis, aufmerksame Spaziergänge in der Natur, sich entspannt auf eine einzige Aufgabe zu konzentrieren oder ganz einfach Stille (wobei Stille vielleicht das Schwierigste ist für den Anfang). Auch wenn die Stille schwer zu erreichen ist, kann man sich an sie herantasten. Es hilft schon, wenn man bestimmte Zeiten am Tag festlegt, in denen man sich so wenigen wie möglichen Sinneseindrücke aussetzt (kein Handy, Internet, Radio…).

Vielleicht ist es auch nicht so schlimm, wenn wir nicht die ganze Zeit über alles bis ins kleinste Detail informiert sind. Vielleicht wäre das mal interessant auszuprobieren, ob die Welt sich auch ohne meine ständige Kontrolle weiterdreht und wie viel Sinn es ergibt, mich über die Zukunft zu sorgen. Denn die wenigsten von uns können die Zukunft voraussagen, aber alle können bewusst und aufmerksam in der Gegenwart agieren und die schönen Dinge des Lebens genießen, wenn sie es sich erlauben. 🙂 

In diesem Sinne, bleiben Sie achtsam und positiv!

Von Nina Luckgei, Dr. nat., Yogalehrerin und Ayurveda- Beraterin

2 Kommentare zu “Gastbeitrag von Nina: Wie kann uns Ayurveda in der Corona Zeit helfen?

  1. Bianca

    Eine tolle Anregung, gerade jetzt wo man nicht ständig verführt wird fremd zu essen, einfach mal konsequent den Einkaufskorb und den Kochplan umstellen. 😉

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